Übernahme: Nicht mehr benötigte Akten werden dem Universitätsarchiv angeboten.
Nach dem Sächsischen Archivgesetz von 2005 sind alle öffentlichen Einrichtungen im Freistaat zur geordneten Aktenablage verpflichtet. Ins Universitätsarchiv Leipzig kommen Unterlagen aus den Fakultäten und ihren Instituten sowie aus der Universitätsverwaltung.
Ein Großteil der Aktenordner gelangt gar nicht erst in das Archiv und kann vor Ort vernichtet werden: etwa alte Urlaubsscheine oder verjährte Reisekostenabrechnungen. Die Archivare wissen um Aufbewahrungsvorschriften und Vorhaltezeiten von Dokumenten, wir helfen bei der Aktenaussonderung. Besonders wenn der Büroplatz knapp wird, ist es wichtig, nicht die falschen Dinge zu vernichten.
Private Archive von akademischen Gesellschaften, universitätsnahen Instituten oder von Universitätsangehörigen ergänzen die offiziellen Akten. Natürlich sammeln und kaufen wir auch Gegenstände von historischem Wert.
Bewertung und Erschließung: Nur wenige Dokumente bleiben für die Ewigkeit.
Mit der Aktentitelerfassung in Datenbanken beginnt der Weg vom
Büroschriftkram zum benutzbaren Archivgut. Jeder übernommene
Verwaltungsakt bekommt eine Archivsignatur, einen Titel und eine kurze
Inhaltsangabe, die Gesamtheit der Akten aus einer Institution bildet
einen Bestand.
Die Lagerfläche in den Magazinen ist begrenzt, daher gelangen nur wenige Dokumente auf die Dauer ins Archiv. Archivare treffen eine Auswahl nach Priorität: was sollen und müssen die nachfolgenden Generationen über unsere Zeit wissen?
Spätestens 30 Jahre nach der Anlieferung im Archiv folgt eine weitere Bewertung: gut zwei Drittel aller Akten gehen dann in den Reißwolf, höchstens ein Drittel bleibt als Archivgut für immer in den Magazinen.
Bestandserhaltung: Informationen in den Archiven sind einmalig und nicht wieder beschaffbar.
Archive enthalten nur Unikate, jeder Verlust ist unwiderruflich: die
Studentenakte von Angela Merkel gibt es nur in einem einzigen Exemplar.
Metalle, Kunststoffe oder Kleber werden aus dem Archivgut entfernt, damit sollen Langzeitschäden verhindert werden. Für die Lagerung kommen spezielle Archivkartonagen zum Einsatz. Originär digitale Daten bedürfen einer technischen Systempflege, die Lesbarkeit von Datenbanken soll noch Jahrzehnte später möglich sein. Da stehen wir gerade erst am Anfang eines digitalen Zeitalters.
Benutzung: Das Universitätsarchiv ist offen, die Magazine bleiben verschlossen.
Etwa 600 Benutzer forschen jedes Jahr persönlich im Archiv,
durchschnittlich erhalten wir pro Jahr rund 8.000 Mails mit
schriftlichen Anfragen. Zu uns kommen Theologen, Juristen, Mediziner,
alle denkbaren Disziplinen der Sozial- und Geisteswissenschaften. Die
Historiker stellen gut 10 Prozent der Benutzer.
Für die wissenschaftliche Forschung, für Verwaltungsauskünfte und aus privatem Anlass ist der Rückgriff auf verlässliche und unverfälschte Informationen aus vergangenen Zeiten notwendig. An 16 Arbeitsplätzen können die Benutzer im Lesesaal alle vorhandenen Akten einsehen. Denn Veränderungen am Archivgut darf es dabei nicht geben, aus einem Diplom etwa nicht nachträglich eine Doktorurkunde werden. Auch eine spätere Benutzung darf nicht zur Zerstörung führen, deswegen werden wertvolle Stücke digitalisiert oder verfilmt.
Wissenschaftliche Auswertung: Gedächtnis ist gut, Gedächtnis und Erinnerung sind besser.
Wissenschaft und Universitätsarchiv sind seit 1409 verbunden, in den
ersten Jahrhunderten war der jeweilige Rektor noch persönlich für das
Universitätsarchiv verantwortlich. Seit gut 75 Jahren kümmern sich
professionelle Archivare um diesen historischen Schatz. Doch ohne eigene
wissenschaftliche Arbeit verkümmert ein Archiv, daher pflegen wir
Langzeitprojekte, unternehmen Editionsarbeiten, schreiben Aufsätze und
halten Vorträge. Führungen und wissenschaftliche Tagungen finden im
Archiv ebenso statt, wie Lehrveranstaltungen. Frei nach Werner
Heisenberg gilt für das Universitätsarchiv Leipzig das Motto:
„Wissenschaft entsteht im Gespräch.“
Öffentlichkeitsarbeit
Seit 600 Jahren gibt es die Universität in Leipzig, zahllose Studenten
und Professoren haben hier studiert und gelehrt. Viele Leipziger
Studenten haben nicht nur die Wissenschaft geprägt, sondern auch die
deutsche Kultur und Politik nachhaltig beeinflusst: zu ihnen zählen Karl
Liebknecht, Hans-Dieter Genscher, Angela Merkel oder Johann Wolfgang
Goethe, Friedrich Nietzsche und Erich Kästner. Für die Professoren
stehen Namen wie Wilhelm Wundt, Wilhelm Ostwald oder Werner Heisenberg.
Positive Element und negative Geschehnisse aus der Universitätsgeschichte müssen bewerten und erinnert werden. Journalistenkontakte können den positiven Ruf unserer Universität stärken und Leipzig als Standort bekannt machen. Besonders aber ist der kritische Blick in vergangene Zeiten wichtig: Denn nur eine reflektierte Vergangenheit ermöglicht eine gut geplante Zukunft.